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Placebo- versus Nocebo-Effekt: Die Psychologie hinter der Security Awareness

Placebo- versus Nocebo-Effekt: Die Psychologie hinter der Security Awareness

by biztrendz

Während der Placebo-Effekt positive Erwartungshaltungen beschreibt, steht der Nocebo-Effekt für negative Erwartungen. Beides spielt bei den Security-Vorgaben eines Unternehmens bei den Mitarbeitenden eine große Rolle.

Foto: kmls – shutterstock.com

Der Placebo-Effekt basiert auf der Erwartungshaltung und der psychologischen Interpretation eines Menschen. Er spiegelt die Macht des Geistes wider, körperliche und mentale Zustände positiv zu beeinflussen. Forschungsergebnisse zeigen, dass das Gehirn bei der Freisetzung von Endorphinen und anderen chemischen Verbindungen aktiv involviert ist, die nachweislich zu einer verbesserten Wahrnehmung des Wohlbefindens führen können.

Der Nocebo-Effekt ist der böse Bruder des Placebo-Effektes. Er beschreibt die Verschlechterung des Zustands einer Person aufgrund negativer Erwartungen oder Überzeugungen, auch wenn keine tatsächliche schädliche Komponente vorhanden ist. Ähnlich wie der Placebo-Effekt kann der Nocebo-Effekt zu realen physischen und psychischen Veränderungen führen. Negative Erwartungen können den Körper stressigen Situationen aussetzen, was zu unerwünschten Symptomen führen kann.

Es gibt eine interessante Parallele zwischen dem Placebo- und dem Nocebo-Effekt im Kontext von Informationssicherheit, insbesondere wenn es darum geht, die Wahrnehmung und das Verhalten des Menschen in Bezug auf die Informationssicherheit zu gestalten.

Sicherheitskonformes Verhalten fördern, aber wie?

Um Veränderungen im Verhalten eines Menschen im Sinne der Informationssicherheit positiv zu beeinflussen, müssen wir zunächst die individuellen Überzeugungen und Einstellungen in Bezug auf das zu verändernde Verhalten verstehen. Wenn Personen beispielsweise überzeugt sind, dass starke Passwörter unerlässlich sind, um ihre beruflichen und persönlichen Informationen und Daten zu schützen, werden sie eher dazu neigen, komplexe Passwörter zu erstellen, Passwörter nicht zu teilen und möglichst häufig Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) zu verwenden.

Ein Beispiel, um die Wichtigkeit des Faktors Wissen zu verstehen, ist die Einführung des Sicherheitsgurtpflicht im Jahr 1976: Anfangs stieß diese Maßnahme auf erheblichen Widerstand, ähnlich wie manche Mitarbeitende möglicherweise zögern, Sicherheitsrichtlinien adäquat zu befolgen. Doch heute legt nahezu jeder instinktiv seinen Sicherheitsgurt an. Warum? Da Menschen sich sehr genau vorstellen können, was passiert, wenn sie ohne Sicherheitsgurt in einen Unfall mit hoher Geschwindigkeit verwickelt sind. Dies liegt daran, dass die Ursache – das Nichttragen des Sicherheitsgurts – nicht abstrakt, sondern äußerst greifbar und gut vorstellbar ist.

Auf ähnliche Weise ist es entscheidend, dass wir in der Informationssicherheit die Mitarbeitenden durch Wissen in die Lage versetzen, die unmittelbaren Auswirkungen ihrer Handlungen zu erkennen. Wenn sie verstehen, dass das Klicken auf einen unsicheren Link oder das Öffnen einer fragwürdigen Datei zu schwerwiegenden Konsequenzen führen kann, sind sie eher bereit, die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Aber das Dogma wäre unvollständig ohne die Fähigkeit oder das Können der Mitarbeitenden, die notwendigen Maßnahmen effektiv umzusetzen. Dies schließt persönliche, technische und organisatorische Fähigkeiten ebenso ein wie die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung und -bewältigung.

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Während das Wissen und Können eine rationale Ebene darstellen, deren Verständnis und Umsetzung durch Fakten gestärkt werden können, erweist sich der Faktor Wollen als deutlich komplexer. Dies liegt vor allem daran, dass er maßgeblich von psychologischen Hintergründen und individuellen Eigenschaften beeinflusst wird.

Placebo-Effekte im Kontext der Information Security Awareness

Die Schaffung eines positiven Sicherheitsumfelds ist von zentraler Bedeutung für die Informationssicherheit. Dies bedeutet auch sicherzustellen, dass die Bemühungen der Mitarbeitenden in diesem Segment geschätzt und anerkannt werden. Das kann durch Belohnungen, Anerkennung und eine unterstützende Unternehmenskultur erreicht werden, die das Engagement für Informationssicherheit fördert. Der Placebo-Effekt zeigt, dass die Erwartungen und Überzeugungen einer Person ihre Wahrnehmung und sogar ihre körperliche Reaktion beeinflussen können. In der Informationssicherheit bedeutet das, dass das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeitenden in Verbindung mit ihren Erwartungen und Überzeugungen über die Wirksamkeit von Sicherheitsmaßnahmen einen erheblichen Einfluss auf ihr tatsächliches Verhalten haben.

Insgesamt geht es darum, den Placebo-Effekt als mächtige Strategie zur Förderung von sicherheitsbewusstem Verhalten zu nutzen. Indem Mitarbeitende als aktive Teilnehmer an der Stärkung der Informationssicherheit anerkannt werden, können Organisationen eine Umgebung schaffen, in der positive Überzeugungen und Erwartungen das Verhalten in Richtung eines umfassenden Sicherheitsbewusstseins beeinflussen. Dieser Ansatz stellt sicher, dass Mitarbeitende nicht nur als Schwachstellen, sondern als treibende Kraft für die Stärkung der Sicherheit angesehen werden.

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Wenn Mitarbeitende davon überzeugt sind, dass ihre Sicherheitskenntnisse und -fähigkeiten sie befähigen, effektive Schritte als “Stütze der Informationssicherheit” zum Schutz der Organisation zu unternehmen, werden sie wahrscheinlicher bereit sein, sich aktiv an sicherheitsrelevanten Aktivitäten zu beteiligen.
Ähnlich wie der Placebo-Effekt können positive Erwartungen die Bereitschaft steigern, sicherheitsrelevante Verhaltensweisen anzuwenden.

Nocebo-Effekte im Kontext der Information Security Awareness

Der Nocebo-Effekt, der normalerweise als negativer Gegenpart zum Placebo-Effekt betrachtet wird, hat ebenfalls Relevanz im Kontext der Informationssicherheit. Dieser Effekt kann auftreten, wenn Mitarbeitende in einer Organisation ständig mit negativen Szenarien, Bedrohungsberichten und Angst vor Sicherheitsverletzungen konfrontiert werden. Die übermäßige Betonung von Schwachstellen, Bedrohungen und Risiken ohne angemessene Betonung positiver Sicherheitsmaßnahmen kann zu einer entmutigenden Umgebung führen, in der Mitarbeitende das Gefühl haben, machtlos gegenüber den Bedrohungen zu sein. Die Auswirkung ist vielfältig:

  • Angst und Paralyse: Mitarbeitende könnten sich von der Informationsflut über Bedrohungen überwältigt fühlen und das Gefühl haben, dass sie nie in der Lage sein werden, alle potenziellen Risiken zu bewältigen. Dies könnte zu Angst und einer lähmenden Paralyse führen.

  • Geringschätzung von Bemühungen: Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihre Bemühungen zur Informationssicherheit, angesichts vermeintlich unüberwindbarer Bedrohungen, ohnehin irrelevant sind, könnten sie möglicherweise das Interesse an sicherem Verhalten verlieren.

  • Rückgang der Verhaltensabsicht: Der Nocebo-Effekt könnte die Verhaltensabsicht beeinflussen, da Mitarbeitende aufgrund der negativen Erwartungen möglicherweise weniger bereit sind, sicherheitsbewusstes Verhalten zu zeigen.

Strategien zur Förderung von sicherheitsbewusstem Verhalten

Indem die positiven Aspekte der Sicherheitspraktiken betont werden, können Mitarbeitende dazu motiviert werden, proaktiv zur Informationssicherheit beizutragen. Um den Nocebo-Effekt zu mildern und eine positive Sicherheitskultur zu fördern, ist es wichtig, ein ausgewogenes Sicherheitsbewusstsein zu schaffen. Dafür können Sie auf folgende Maßnahmen zurückgreifen:

  • Betonung positiver Aspekte: Es ist notwendig, die positiven Auswirkungen sicherheitsbewussten Verhaltens hervorzuheben und Mitarbeitenden aufzuzeigen, wie ihre Bemühungen die Organisation schützen und stärken.

  • Empowerment und Schulung: Mitarbeitende sollten befähigt werden, ihre Fähigkeiten zur Identifizierung von Bedrohungen und zur Anwendung von Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln. Schulungen, Unterstützung, Simulationen und Notfallübungen können das Selbstvertrauen stärken und den Nocebo-Effekt abschwächen.

  • Steigerung des Lerneffektes durch Gamification: Gamification in Informationssicherheitsschulungen hat sich als effektive Strategie erwiesen, um das Engagement der Mitarbeitenden zu steigern und sicherheitsbewusstes Verhalten zu fördern. Diese Methode nutzt Elemente aus Spielen, um Lerninhalte attraktiver, interaktiver und motivierender zu gestalten. Spielelemente wie Punkte, Belohnungen, Wettbewerbe und Fortschrittsanzeiger steigern das Engagement der Mitarbeitenden. Sie werden motiviert, aktiv am Lernprozess teilzunehmen und sich mit den Sicherheitsinhalten auseinanderzusetzen.

Zudem spricht Gamification den intrinsischen Antrieb der Menschen an, sich Herausforderungen zu stellen und Ziele zu erreichen. Die Möglichkeit, Fortschritte zu verfolgen und Belohnungen zu erhalten, steigert die Motivation, sich mit den Sicherheitsthemen auseinanderzusetzen. Spiele sind zudem oft interaktiv und visuell ansprechend, wodurch Informationen auf eine Art präsentiert werden, die das Gedächtnis anspricht. Dies hilft, Aufmerksamkeit auf wichtige Sicherheitskonzepte zu lenken und die Informationen effektiver zu vermitteln. Dadurch sind Mitarbeitende eher in der Lage, das Gelernte zu behalten und in der Praxis anzuwenden.
Darüber hinaus bieten Spiele oft eine sichere Umgebung, um Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Mitarbeitende können in einem geschützten Umfeld Sicherheitsbedrohungen erkennen und bewältigen, bevor sie in der Realität auftreten. Die ständige Aktualisierung von Spielen, Herausforderungen und Belohnungen wird das Interesse der Mitarbeitenden aufrechterhalten, was zu langfristigen und nachhaltigen Lerneffekten führen kann.

Es ist wichtig, Fähigkeiten realistisch darzustellen und gleichzeitig die positiven Fortschritte und Gesichtspunkte zu betonen und die Menschen dazu zu ermutigen, ihre Sichtweise und ihr Handeln optimistisch zu gestalten. Indem Organisationen den Nocebo-Effekt berücksichtigen und die Kommunikation und Schulungen entsprechend gestalten, können sie sicherstellen, dass Mitarbeitende nicht von Angst oder Resignation beeinflusst werden, sondern motiviert sind, einen positiven Beitrag zur Informationssicherheit zu leisten. Dies fördert ein Gleichgewicht zwischen Sensibilisierung und Empowerment und verhindert, dass der Nocebo-Effekt das Sicherheitsbewusstsein untergräbt.

Die Verknüpfung des Placebo-Effekts mit Wissen und Fähigkeiten, Verhaltensabsicht und Salienz unterstreicht die Bedeutung, Menschen als Stützen der Informationssicherheit zu betrachten. Indem die positiven Aspekte der Sicherheitspraktiken betont werden, können Mitarbeitende dazu motiviert werden, proaktiv zur Informationssicherheit beizutragen. (bw)

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